Handbuch Literaturwissenschaft

Gegenstände - Konzepte - Institutionen

Herausgegeben von Thomas Anz
Stuttgart, Weimar: J.B. Metzler 2007

Aus dem Vorwort des Herausgebers (in Bd. I):

Seit gut einem Jahrzehnt ist in der Literaturwissenschaft ein deutlich zunehmendes Bemühen zu beobachten, das eigene Wissen in Form von Einführungen, Handbüchern, lexikalischen Großkompendien und analytischen Rekonstruktionen von Grundbegriffen zu stabilisieren. Drei Jahrzehnte lang war die Literaturwissenschaft geprägt von heftig und zuweilen verbissen geführten Auseinandersetzungen um divergierende wissenschaftliche Positionen, von Abgrenzungskämpfen und angestrengten Profilbildungen diverser Fraktionen im akademischen Kräftefeld. Demgegenüber scheinen sich in den Anfängen des 21. Jahrhunderts, zumindest vorläufig, eine pragmatische Gelassenheit und eine theoretische Souveränität zu verbreiten, die nicht auf Feindbilder und die Durchsetzung bestimmter Vorlieben fixiert sind. Sie haben ein Denken in den Kategorien von ›entweder – oder‹ hinter sich gelassen zugunsten eines ›sowohl – als auch‹, allerdings nicht im Sinne einer bloßen Addition unterschiedlicher Konzepte. Der neue Habitus ist nicht mit pluralistischer Gleichgültigkeit gegen über dem wissenschaftlichen Wert differenter Gegenstandsbestimmungen, Methoden, Fragestellungen oder Theorien zu verwechseln und auch nicht mit theoriemüden Abwendungen von ehemaligen Abstraktionsbemühungen und analytischen Kleinarbeiten. Kennzeichnend für ihn ist nicht die Disqualifizierung der jüngeren Geschichte des eigenen Faches als Geschichte rasch vorübergehender, eigentlich überflüssiger oder sogar schädlicher Moden, sondern die Rekonstruktion, womit diese ›Moden‹ zur Modernisierung der Literaturwissenschaft beigetragen haben. Geprägt ist dieser Habitus durch eine Form der Beobachtung, Analyse und Theoriebildung, die unterschiedliche literaturwissenschaftliche Konzepte und Praktiken vergleicht, sie auf Unvereinbares oder Kompatibles hin abgleicht und ihnen einen bestimmten Stellenwert innerhalb eines integrativen Konzeptes zur umfassenden
und angemessenen Auseinandersetzung mit Literatur zuerkennt.

Vielleicht trifft diese Einschätzung die Situation der Literaturwissenschaft im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts nur zum Teil. Das Handbuch Literaturwissenschaft jedenfalls steht ihr in allen drei Bänden nahe. Von den zahlreichen Einführungen in die Literaturwissenschaft, die in den letzten zehn Jahren erschienen sind und denen es manche Anregungen verdankt, unterscheidet es sich durch den Anspruch, die fachlichen Grundlagen umfassender als diese zu präsentieren, von zum Teil vorzüglichen fachwissenschaftlichen Lexika durch seine Systematik der Darstellung. Fast siebzig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus verschiedenen Philologien, aus der Komparatistik und aus anderen Disziplinen haben an ihm mitgeschrieben. Sie sind alle einschlägig in den Forschungsfeldern, über die sie im Handbuch informieren, ausgewiesen, und kommen aus zum Teil ganz unterschiedlichen ›Schulen‹. Ihre Beiträge schließen sich dennoch nicht gegenseitig aus oder voneinander ab, sondern ergänzen sich und sind so geschrieben, dass sie sich in den Versuch des Handbuches einfügen, die Gegenstandsbereiche, Konzepte und institutionellen Verankerungen der Literaturwissenschaft umfassend und systematisch darzustellen.
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Band I

Band II

Band III

 

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